Lärm macht krank

13 Millionen Menschen leben in Deutschland an Hauptverkehrsstraßen. Von diesen Straßen geht eine Bedrohung aus, die gerne unterschätzt und heruntergespielt wird: Verkehrslärm. Nach einer repräsentativen Umfrage des Umweltbundesamtes fühlen sich rund 54 Prozent der Bevölkerung durch Straßenverkehrslärm gestört oder belästigt (1).

Lärm macht krank: Die Folgen reichen von Schlafstörungen über Depressionen und Bluthochdruck bis hin zu Herzinfarkt und Schlaganfall. Das Umweltbundesamt hat eine Meta-Studie beauftragt: Nach diesem Bericht ist zu befürchten, dass rund drei Prozent aller Herzinfarkte in Deutschland durch Straßenverkehrslärm hervorgerufen werden (2). 2013 waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ohne Schlaganfälle) für 354.493 Todesfälle verantwortlich (3).

Verkehrslärmbedingte Infarkte kosten 1,8 Milliarden/Jahr

Die Folgekosten für das Gesundheitssystem sind immens: Prof. Kerstin Giering (Hochschule Trier) errechnete allein für verkehrslärmbedingte Myokardinfarkte Kosten von rund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr berechnet. Dazu kommt volkswirtschaftlicher Schaden: Krankzeiten, Wertverlust der Immobilien, Umsatzeinbußen in der Touristik, etc. Die Kosten für die Volkswirtschaft summieren sich in Deutschland laut Professor Giering auf 9,1 Milliarden Euro pro Jahr! (4)

Der heutige Stand der Technik macht es möglich, Fahrzeuge immer leiser zu machen. Politik, Medien und Industrielobbyisten suggerieren, dass dies auch geschieht. Liest man beispielsweise die Broschüre des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen zum Thema „Leises Fahren“, dann werden dort die Reifen als Hauptlärmquelle identifiziert: „Vielfach wird das Motorengeräusch für die lauteste Lärmquelle im Straßenverkehr gehalten. Das ist nicht mehr ganz richtig. Zwar sind nur die Motoren der Elektroautos wirklich leise, aber auch Verbrennungsmotoren sind in den letzten Jahren deutlich leiser geworden. Verkehrslärm wird heute überwiegend durch die Reifen verursacht.“ (5)

Das mag für viele normale Fahrzeuge gelten – für immer mehr gilt es nicht. Die zugrundliegenden Normen werden systematisch umgangen und bei vielem Lärm-Zubehör drückt der Gesetzgeber auch ein Auge zu. Sanktionen und Kontrollmöglichkeiten gibt es keine, die abschrecken würden. Und wenn Lärm-Normen wie 2016 überarbeitet werden, dann halbherzig, lobbyistengesteuert, und immer mit Übergangszeiten und Bestandschutz, was den Anwohnern von Straßenlärm-Hotspots noch auf Jahrzehnte die Ruhe raubt. §49 StVZO legt fest, „dass Kraftfahrzeuge … so beschaffen sein müssen, dass die Geräuschentwicklung das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß nicht übersteigt“. Das Gegenteil ist der Fall: Die Technik dient rund um den Auspuff an vielen Fahrzeugen dazu, den Lärm „legal“ zu maximieren.

Der mutwillige Lärm ist in den Innenstädten angekommen. Schon länger leiden auch die Anwohner von landschaftlich schönen Strecken unter dem sportlichen Motorrad-Freizeitverkehr. An manchen Strecken treiben sommers zu Erholungszeiten hunderte von Bikern pro Stunde die Anwohner in den Wahnsinn. Jedes dritte Motorrad ist zu laut – und meistens legal.

Um auf diese offensichtliche Fehlentwicklung aufmerksam zu machen, haben der VAGM e. V. in Zusammenarbeit mit dem BUND und diversen lokalen Bürgerinitiativen in Deutschland den „VULGARIUS“ ins Leben gerufen. Der Vulgarius ist die Anti-Auszeichnung für besondere Leistungen im Bereich der mutwilligen Steigerung des Verkehrslärms!

Was können Sie tun gegen mutwilligen Verkehrslärm? Spenden Sie oder werden Sie Mitglied beim BUND oder bei den VAGM e.V. Anmeldeunterlagen und Bankverbindungen finden Sie hier. Spenden an den BUND und an die VAGM sind anerkannt gemeinnützig und steuerbegünstigt.

Weiterführende Links:

www.motorradlaerm.de

Quellen:
1: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkung/laermbelaestigung
2: https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/laermwirkung/stressreaktionen-herz-kreislauf-erkrankungen#textpart-3
3: https://dgk.org/pressemitteilungen/herzbericht/aktueller-deutscher-herzbericht-2014-erfolgreiche-herzmedizin-herzinfarktsterblichkeit-stark-gesunken-kardiologische-versorgung-auf-hohem-niveau/
4: Vortrag „Monetäre Bewertung von Lärm“ in: Prof. Kerstin Giering, Akustische Stadtgestaltung, Stuttgart, 23.7.2015
5: https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/Broschueren/140828_LangDIN_Flyer_Verkehr_final.pdf